FDP: Ratsmitglieder sind „Dialog-Muffel“ - FDP-Initiative für mehr Bürgerbeteiligung findet wenig Zuspruch bei den Ratsfraktionen

Braunschweig. Mit einem offenen Brief an alle Ratsfraktionen warb die FDP vor einigen Wochen für eine parteiübergreifende Unterstützung bei der Aufnahme des Braunschweiger Rates in die Internetplattform abgeordnetenwatch.de. Auf dieser, von einem politisch unabhängigen Verein geführten, Plattform haben Bürger die Möglichkeit, ihren Abgeordneten Fragen zu stellen, die dann öffentlich beantwortet mit der Zeit zu einer Art Archiv aller Fragen und Antworten werden.

Nach diesem Prinzip befördert abgeordnetenwatch.de seit einigen Jahren den Dialog zwischen Bürgern und Politikern des Deutschen Bundestages und der Landtage. Schrittweise wollen die Betreiber nun auch kommunale Parlamente in das System aufnehmen, sind dabei aber auf die Unterstützung der Akteure vor Ort angewiesen, um die nötigen Kontaktdaten der Ratsmitglieder zusammenzutragen.

Die Braunschweiger FDP sah darin eine Chance und schrieb in dem offenen Brief an die Fraktionen des Rates: „Für Braunschweig bietet sich so die Chance, als erste Stadt in Niedersachsen daran teilzunehmen und die im Rat vertretenen Parteien könnten ein deutliches und erstes Zeichen setzten, dass Sie Ihren Wahlversprechen nach mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung auch nachkommen.“

Heute zog der Kreisvorsitzende der Braunschweiger Liberalen, Florian Bernschneider ein nüchternes Fazit aus dem Vorstoß. Die Fraktionen der SPD, Linken und BIBS antworten auch auf erneute Rückfrage gar nicht auf die Initiative der Liberalen. „Ganz offensichtlich hat man in einigen Fraktionen nach der Wahl schnell wieder vergessen, was man den Wählern in Sachen Bürgerbeteiligung versprochen hatte.“, meint Bernschneider und fügt hinzu: „Wenn SPD, Linke und BIBS noch nicht mal zum Dialog mit anderen Parteien in der Lage sind, scheint eine lebendige Bürgerbeteiligung nicht mehr als ein Lippenbekenntnis zur Wahl gewesen zu sein.“

Die Fraktion der CDU hingegen äußerte sich in einem Brief ablehnend und begründete, dass anders als bei Mandatsträgern auf Bundes- oder Landesebene gerade bei kommunalen Mandatsträgern vielfältige Möglichkeiten zur direkten Kontaktaufnahme bestünden. Im Brief des Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Sehrt heißt es allerdings: „Wir werden die Sache aber beobachten und uns von Zeit zu Zeit damit beschäftigen.“

Die FDP hofft dabei auf Einsicht der Union, denn „so richtig scheint man das System von abgeordnetenwatch bei der Union noch nicht verstanden zu haben“, meint der FDP-Kreisvorsitzende. Mit dieser Argumentation könne die CDU-Fraktion auch gänzlich auf eine Erreichbarkeit per E-Mail und Internet verzichten, meint Bernschneider und betont: „So schön es auch ist, eines der 23 Ratsmitglieder der Union beim Einkaufen im Stadtteil zu treffen und eine Frage zu stellen: Das alleine reicht in einer Großstadt nicht aus. Die Bürger erwarten von der Politik zu Recht verschiedene Kommunikationswege und dazu gehört eben auch der Kontakt über das Internet.“

Einzig die Fraktionen von Grünen und Piraten unterstützten den Vorschlag der FDP und stellten die Kontaktdaten ihrer Ratsmitglieder zur Verfügung. Nun liegt es an abgeordnetenwatch.de, ob der Verein selbst die Kontaktadressen der anderen Ratsmitglieder zusammenträgt. Eine Zustimmung der Fraktionen ist dabei im Grunde nicht nötig, erklärt Bernschneider. Ob die Ratsmitglieder dann auf die Fragen der Bürger antworten oder nicht, bleibt ihnen selbst überlassen. Am Beispiel des Bundestages zeigt sich, dass so mancher „Dialog-Muffel“ doch noch zum Nutzer wurde und so meint Bernschneider abschließend: „Wir werden weiter für diese Idee werben und es bleibt sicher nicht der letzte Vorschlag, den wir für mehr Bürgerbeteiligung in Braunschweig einbringen.“