„Freiheit statt Überwachungswahn“

Heimliche Online-Durchsuchungen greifen unverhältnismäßig tief in die Grundrechte der Bürger ein, teilt der Pressesprecher des FDP-Kreisverbandes am Rande der Demonstration „Freiheit statt Angst“ mit. Seit einiger Zeit wird die Einführung einer so genannten heimlichen Online-Durchsuchung gefordert. Mit Hilfe dieser Online-Durchsuchung soll Ermittlungsbehörden der Zugriff auf Computer gestattet werden, um diese Systeme zu durchsuchen und ggf. darauf befindliche Daten als Beweismaterial zu beschlagnahmen. Der FDP-Kreisverband Braunschweig ist gegen die Online-Durchsuchung. Hier bestehen in rechtlicher und technischer Hinsicht erhebliche Bedenken.

Die Telekom-Affäre zeigt deutlich, dass große Datensammlungen erhebliches Missbrauchspotential bergen. Die Verbindungsdaten sämtlicher Telefonkunden künftig in einer zentralen Datei zu speichern, löst die damit verbundenen Gefahren gerade nicht, so Prof. Dr. Nicolas Gauger, Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes Braunschweig. Denn auch der Datenschutzbeauftragte könne einen Zugriff nicht verhindern, wenn gesetzliche Vorschriften – wie im Falle der Vorratsdatenspeicherung – den staatlichen Behörden dies erlaubten. Gesellschaftliche Kontrolle ist der beste Schutz, um dem massenhaften Missbrauch von Daten zu begegnen.

Es handelt sich bei der heimlichen Online-Durchsuchung, bemerkt Martin Winrich Becker, stellvertretender Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes und Stadtbezirksratsmitglied, unzweifelhaft um eine verdeckte Ermittlungsmaßnahme. Die Eingriffstiefe in Grundrechte ist bei der heimlichen Online-Durchsuchung erheblich, da sie im Gegensatz zu anderen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen, wie der Telefonüberwachung und der akustischen Wohnraumüberwachung Informationen aus der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft erfasst. Es ist daher davon auszugehen, dass die Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 3. März 2006 über die akustische Wohnraumüberwachung aufgestellt hat, auch für die Online-Durchsuchung gilt. Auch hier wird die räumlich geschützte Privatsphäre der Betroffenen mit moderner Technik nach außen geöffnet. Der Wohnungsinhaber vertraut darauf, dass alle Sachen und Daten, die sich in seiner Wohnung befinden, vom Schutz der Wohnung umfasst werden. Dementsprechend werden vertrauliche Informationen, die auch dem Kernbereich der Persönlichkeit unterfallen und zuvor regelmäßig in körperlicher Form in der Wohnung aufbewahrt wurden, heute auch auf dem heimischen Computer gespeichert. Daher muss, so die FDP, es auch bei der heimlichen Online-Durchsuchung Schutzvorschriften für den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung geben. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu in seinem Urteil ausgeführt, die Überwachung müsse in solchen Situationen von vornherein unterbleiben, in denen Anhaltspunkte bestehen, dass die Menschenwürde durch die Maßnahme verletzt sei. Führe die Überwachung unerwartet zur Erhebung von absolut geschützten Informationen, müsse sie abgebrochen werden und die Aufzeichnungen müssen gelöscht werden. Jede Verwendung solcher im Rahmen der Strafverfolgung erhobener absolut geschützter Daten sei ausgeschlossen. Bei der heimlichen Online-Durchsuchung wird man auf eine Fülle von Daten stoßen, die den Bereich der Intimsphäre des Users betreffen. Es ist völlig unklar, wie diese Online-Durchsuchung als effiziente Maßnahme der Strafverfolgung zum Einsatz kommen soll, bei gleichzeitiger strenger Beachtung der Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung.

Grundsätzlich ist es denkbar, so die FDP, eine Software zu installieren, die auf bestimmte Stichworte reagiert. Ein Ausfiltern nach Stichworten hat den Vorteil, dass die erfasste Datenflut begrenzt werden kann. Ein umfassender Kernbereichsschutz kann aber so auch nicht gewährleistet werden. Es wird sich daher oft nur im Nachhinein feststellen lassen, ob Informationen aus dem Kernbereich betroffen sind. Zu diesem Zeitpunkt, so Gauger, ist der Grundrechtsverstoß jedoch bereits erfolgt. Vor diesem Hintergrund ist daher fraglich, ob die heimliche Online-Durchsuchung für die Kriminalitätsbekämpfung und die Strafverfolgung überhaupt einen Nutzen haben kann.

Es ist falsch zu behaupten, ohne die Möglichkeiten einer heimlichen Online-Durchsuchung könnten sich Terroristen unbehelligt im Netz bewegen. Bereits nach geltendem Recht, so der FDP-Kreisverband, gibt es Alternativen, die diese Online-Durchsuchung entbehrlich machen.

Das Bild zeigt, dass (von re. nach li.) FDP-Ratsfrau Juliane Lehmann, FDP-Stadtbezirksrat Innenstadt und stellvertretender Kreisvorsitzender Martin Winrich Becker und Matthias Möller von den Jungen Liberalen auf der Demonstration „Freiheit statt Angst“ die Fahne für „Freiheit statt Überwachungswahn“ hoch hielten.